Was bedeutet Akromegalie?
Akromegalie kommt aus (altgriechisch) ἄκρος (akros) = äußerst/Spitze und μέγας (megas) = groß.
Denn sie bechreibt die ausgeprägte Vergrößerung der Akren. Akren werden die äußere Extremitäten und vorspringende Teile des Körpers genannt. Also zum Beispiel Hände und Füße, Kinn, Ohren, Nase, sowie auch die äußeren Genitalien.
Der französischen Neurologe Pierre Marie entdeckte die Krankheit und gab ihr 1886 diesen Namen. Daher wird sie manchmal auch (Pierre-)Marie-Syndrom genannt. Pierre Marie war ein sehr anerkannter Wissenschafttler, nach ihm wurden zum Beispiel auch das Foix-Chavany-Marie-Syndrom und das Marie-Foix-Alajouanine Syndrom benannt.
Die Erkrankung kommt sehr selten vor, in Deutschland sind nur circa 3.000 bis 5.000 Menschen betroffen.
Das Wachstumshormon Somatropin
Es handelt sich um eine endokrinologische Erkrankung bei der das Wachstumshormon Somatropin im Übermaß produziert wird.
Diese Überproduktion ist meistens verursacht durch einen gutartigen Tumor an einem Teil der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), nämlich an ihrem Vorderlappen (einem sog. Hypophysenadenom). Sehr selten ist die Ursache ein bösartiger (maligner) Tumor.
Durch das stark erhöhte Somatropinkommt es zur vermehrten Ausschüttung des Botenstoffs Insulin-like-Growth-Factor (IGF-1) aus der Leber.
IGF-1 wiederum regt...
- die Vermehrung von Knorpel- und Knochenzellen an (z. B. in der Nase oder den Gelenken),
- das Wachstum von Muskelzellen (z. B. in inneren Organen)
- und beeinflusst den Festtstoffwechsel sowie den Blutzuckerspiegel.
Krankheitsbild und Verlauf
Das Krankheitsbild hängt davon ab, ob die Erkrankung vor oder nach der Pubertätauftritt, weil sich mit Abschluss der Pubertät die sogenannte Wachstumsfuge (Epiphysenfuge) schließt. Das Längenwachstum der Röhrenknochen (z. B. Oberschenkelknochen) findet nur bis zum Ende der Pubertät statt; schließt sich dann die Wachstumsfuge, ist der Mensch ausgewachsen.
Vor Abschluss der Pubertät
Solange die Wachstumsfuge offen ist, bewirkt der erhöhte Somatropin-Spiegel den sogenannten Gigantismus bzw. hypophysären (durch die Hirnanhangdrüse Hypophyse hervorgerufenen) Riesenwuchs: Weil dabei auch die Röhrenknochen zum Wachstum angeregt werden, bleiben die normalen Körperproportionen erhalten.
Nach Abschluss der Pubertät
Ist die Wachstumsfuge verschlossen, ist Wachstum nur noch an den knöchernen Akren(z. B. Händen oder Füßen), an den Weichteilen (z. B. am Kehlkopf) und an den inneren Organen möglich.
Typische Anzeichen & Beschwerden
Die Beschwerden sind einerseits von der Überproduktion des Wachstumshormons verursacht, andererseits durch das Wachstum des Adenoms selbst, das gesundes Gewebe im Gehirn verdrängt.
Sehr typisch sind vergrößerte Hände und Füße. Darüber hinaus findet man:
- Kopfschmerzen, ggf. Sehstörungen oder weitere Ausfallerscheinungen durch Druck des Tumorgewebes auf gesundes Gewebe bzw. auf Hirnnerven
- Gröbere Gesichtszüge, vor allem Vergrößerung von Nase, Lippen und Kinn
- Vergrößerung der Zunge, eventuell mit Beschwerden beim Schlucken oder Sprechen
- Schnarchen und nächtliche Atemaussetzer (Schlaf-Apnoe-Syndrom)
- Dickeres Haar bzw. Zunahme der Körperbehaarung
- Gewichtszunahme und Diabetes bzw. verminderte Glukosetoleranzdurch Veränderungen im Fett- und Blutzuckerstoffwechsel
- Einschränkung der Funktion innerer Organe (durch deren Größenzunahme) wie Herz-Kreislaufbeschwerden
- Gelenkbeschwerden/Einschränkungen der Beweglichkeit
- Taubheit oder Kribbeln in den Händen (Karpaltunnelsyndrom)
Diagnose Akromegalie
Die Diagnose ist äußerst schwierig und erfolgt oft erst viele Jahre nach dem Auftreten der ersten Anzeichen. Denn die Anzeichen sind oft uneindeutig, der Verlauf oft langsam und wenig auffällig.
Bei Verdacht auf Akromegalie wird IGF-1 untersucht. Es gibt sehr verlässlich Auskunft über das eventuelle Vorliegen der Erkrankung bzw. auch über den Erfolg bei der Behandlung.
Die Behandlung von Akromegalie ist erforderlich
Eine unbehandelte Akromegalie führt zu einer stark verminderten Lebenserwartung, vor allem wegen all der schwerwiegenden Folgen der Hormonüberproduktion. Das Mittel der Wahl ist eine Entfernung des Tumorgewebes, damit lässt sich im besten Fall der "Normalzustand" wieder herstellen, alle Symptome verschwinden, die Lebenserwartung ist wieder unbeeinträchtigt.
Die Operation erfolgt meist über einen transsphenoidale Zugang, das heißt durch die Nase bzw. Teile der Nasennebenhöhlen; eine zweite Möglichkeit ist der Zugang durch die Schädeldecke (transkraniell).
Vor oder nach einer Operation kann eine medikamentöse Behandlung erforderlich werden. Wenn das Gewebe nicht vollständig entfernt werden konnte oder wenn der allgemeine Gesundheitszustand eines Patienten vor dem Eingriff verbessert werden soll, indem der Tumor medikamentös verkleinert wird. Ist der Tumor hingegen zu groß, um operativ entfernt zu werden, kann eine Bestrahlungstherapie erfolgreich eingesetzt werden.
Für die medikamentöse Therapie stehen mehrere Wirkstoffgruppen zur Verfügung: Der Dopaminagonist Cabergolin, die Somatostatinanaloga Octreotid und Lanreotid sowie der Wachstumshormonantagonist Pegvisomant.
Wichtig zu wissen - Anzeichen von Akromegalie
Die Erkrankung zeigt sich oftmals über lange Zeit nicht klar und deutlich. Beispielsweise erfolgt das sehr typische Wachstum von Händen und Füßen und die allmähliche Vergröberung der Gesichtszüge so langsam, dass weder die Betroffenen noch ihr Umfeld sagen könnten, was genau sich verändert hat.
Klarheit bringt oft ein Vergleich von Schuh, Handschuh- oder Hutgröße zwischen früher und heute. Oder auch ein Vergleich mit alten Fotos.
Kommt es zu Hirnnervenausfällen (vor allem Störungen beim Sehen), ist die Erkrankung weit fortgeschritten und sofortige Behandlung absolut notwendig!
Wichtig zu wissen - das Karpaltunnelsyndrom
Weit über die Hälfte der Akromegalie-Patienten leiden unter dem Karpaltunnelsyndrom, einem sehr unangenehmen Kribbeln bzw. Taubheitsgefühl in den Händen. Meist beidseitig.
Die gute Nachricht: Nach einer erfolgreichen Behandlung der Akromegalie verschwindet dieses Syndrom vollständig!
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